Harald A. Summa + Digitale Heimat

Fehlt uns eigentlich noch irgendetwas?

Smart City Teil 3

Eigentlich ist alles da. Die Bausteine für die Smart City sind erfunden und entwickelt. Nichts davon ist Rocket Science. Sie sind im Einsatz und haben sich bewährt, wenn nicht in der Smart City, so doch an anderen Stellen. Die Schemen ähneln sich. Bei rein datenbasierten Projekten, wie es oft bei Bürgerservices der Fall ist, sind es klassische Digitalisierungsaufgaben. Projekte, bei denen Geräte smart werden und Daten liefern sollen, sind klassische IoT- oder IIoT-Projekte. Ich sehe keinen Grund, warum, was Unternehmen mit ihren Kunden schaffen Behörden mit ihren Bürgern nicht gelingen sollte – oder warum, was sich in Fabriken und auf Baustellen täglich bewährt, nicht auch im urbanen Umfeld funktionieren sollte. 

Wenn deutsche Städte noch nicht so smart sind, wie Menschen wie ich das gerne hätte, liegt es nicht, oder zumindest nicht in erster Linie, am Werkzeug. Es muss andere Gründe geben. Womöglich liegt es an denen, die mit dem Werkzeug arbeiten sollten? Ich verstehe es ja, Deutschland ist keine Aktiengesellschaft und wir Bürger keine Mitarbeiter. Berlin entwickelt eine zentrale Lösung und rollt die per Update über Nacht für sämtliche Filialen und User aus? Klar, das wird so nicht funktionieren. Vermutlich ist das auch ganz gut so. Ich jedenfalls bin lieber Bürger als Weisungsempfänger. 

Gelungene Smart-City-Projekte sind meist verbunden mit einzelnen Orten

Aber so sinnvoll der Föderalismus politisch auch sein mag, beim Nutzen von Skaleneffekten zeigt er Schwächen. Höre ich von einem gelungenen Smart-City-Projekt ist das meist verbunden mit einem begrenzten geografischen Raum: Brandenburg, Velbert, Barcelona, Baden-Württemberg, Pforzheim – heute bei Google „Smart City“ eingegeben, tauchen in den Überschriften zuverlässig einzelne geografische Orte mit auf. So sehr ich mich über jedes einzelne Projekt freue, fehlt mir doch der Erfolg in der Fläche.

Mehr über die Smart City samt vieler Zahlen und Fakten finden Sie in der eco-Studie „Der deutsche Smart-City-Markt“, die Sie kostenlos herunterladen können. Die prognostiziert über 17 Prozent jährliches Wachstum. Dies entspricht einem Umsatzplus von über 46 Milliarden Euro innerhalb von fünf Jahren. Für insgesamt neun Segmente des deutschen Smart-City-Marktes skizziert die Studie ausführlich Markttreiber, Trends und Herausforderungen.

Vielleicht nirgends wurden die Schwierigkeiten in den vergangenen Monaten so öffentlich diskutiert wie beim öffentlichen Personennahverkehr. In Deutschland gibt es mehr als 70 Verkehrsverbünde, mehr als 700 Einzelunternehmen sind damit beschäftigt, den ÖPNV zu regeln. Ich vermute, wenn ich die zugehörige Landkarte aus dem Jahr 2022 über eine aus der Zeit des Westfälischen Friedens (1648) legen würde, könnte ich einiges über die Resilienz lokaler Verwaltungen lernen. Heute prägt zwar kein Fürst mehr sein eigenes Geld, aber am Fahrkartenautomaten ist ein beharrliches Maß an Eigenständigkeit zu erkennen. 

Lange Zeit dachte ich, die einzige Lösung dafür sei die Schwarze Mamba. Das ist die BahnCard100, die Flatrate der Bahn. Für mehr als 4.000 Euro (oder mehr als 7.000 in der Ersten Klasse) im Jahr, dachte ich, könnte man alle Züge im Fern- und Nahverkehr sowie S-Bahnen, U-Bahnen, Trams und Busse nutzen. Aber da hatte ich mich wohl getäuscht. „In über 130 Städten“ ist etwas anderes als „in allen Städten“, die Bahnflatrate ist voller weißer Flecken. 

Wollen müssen

Es blieb kompliziert. Und dann kam das Neun-Euro-Ticket. Die größte Überraschung am Neu-Euro-Ticket war vielleicht, wie schnell das auf einmal ging. Kaum vorgeschlagen, war sie auch schon da, die echte Flatrate für den ÖPNV in Deutschland. Ohne Zugangsbeschränkungen, ohne Haken, ohne Ausnahmen. Vollkommen überraschend aus dem Boden gestampft, schaffte es das Neun-Euro-Ticket, dass fast ganz Deutschland darüber sprach, beziehungsweise sich auf den Weg machte.

So viel wurde über das Ticket gesprochen, dass darüber ein Umstand beinahe vollständig unter den Tisch fiel. Eine einfache Lösung für eine komplexe Herausforderung moderner Mobilität: Ist nicht genau das das Paradebeispiel für eine gelungene Smart-City-Lösung? Doch ist sie. Dennoch spielte das Stichwort Smart City in dem Zusammenhang quasi keine Rolle. 

Mich bekümmert das nicht im Geringsten. Im Gegenteil. So sollte es immer sein. Die Menschen wollen etwas, die Politik regelt die Rahmenbedingungen und die Technik? Sorgt dafür, dass es am Ende besser klappt, als von den Skeptikern vorgetragen. Für die Weiterentwicklung unserer Städte zu Smart Citys ist genau das das richtige Mindset – und der Beweis dafür, dass wir nicht nur das nötige Werkzeug haben, sondern auch die richtigen Köpfe. Wir müssen nur wollen.

Die komplette Smart-City-Reihe
Teil 1 – Wie sollen sich Städte und Regionen engagieren?
Teil 2 – Wie weit sind wir schon?
Teil 3 – Fehlt uns eigentlich noch irgendetwas?

Foto © metamorworks | istockphoto.com

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