Verwaltungen wollen weltweit auf kollaborative Datenökosysteme setzen
Wie nennt man so etwas? Öffentliche Verwaltungen haben die Bedeutung von Daten erkannt. Sie wollen ihre Aufgaben mit einem datengestützten Ansatz erledigen. Das Mittel der Wahl sind kollaborative Datenökosysteme. Die Erkenntnis ist weit verbreitet, sprich global, und sie wird von einer überwältigenden Mehrheit aller Verwaltungen geteilt, nämlich von 80 Prozent. Kann man solche Zahlen noch einen Trend nennen – oder ist das schon ein neuer Standard?
Die Zahlen stammen aus der Studie des Capgemini Research Institute, „Connecting the Dots: Data sharing in the public sector“. Die Studie nennt auch die wesentlichen Vorteile, die eine kluge Datennutzung für die öffentliche Verwaltung und vor allem auch die von ihr verwalteten Menschen durch kluge Nutzung von geteilten Daten erreichen können.
Dazu zählen:
- stärkeres Engagement der Bürger
- Optimierung der Nachhaltigkeits-Roadmap
- verbesserte Transparenz
- verbesserte staatliche Leistungen, wie zum Beispiel eine gezieltere Bereitstellung von Sozialleistungen für besonders bedürftige Menschen
- höhere öffentliche Sicherheit beispielsweise durch kürzere Reaktionszeiten von Polizeibehörden
- höhere Widerstandsfähigkeit gegen Cyberbedrohungen
Trend oder doch eher Absichtserklärung?
Es spricht allerdings auch etwas dagegen, die Ergebnisse der Studie als Trend zu bezeichnen: Wünsche, Ziele und Pläne mögen nämlich zwar reichlich vorhanden sein, bei der Umsetzung ist jedoch noch Luft nach oben. Die meisten Verwaltungen sind bei der Umsetzung noch in der Anfangsphase. In größerem Umfang Datenökosysteme eingeführt haben bislang die wenigsten Verwaltungen. So betrachtet bezeugt die Studie keinen Trend, sondern eher Absichtserklärungen.
Interessanter Nebenaspekt: Es gibt die Ergebnisse auch aufgeschlüsselt für einzelne Länder, Deutschland ist eines davon. Ich habe mir den Spaß gemacht, nicht gleich nachzusehen, wie deutsche Behörden international abschneiden. Stattdessen habe ich unser Ergebnis erst einmal getippt, beziehungsweise das abgegeben, was im Englischen „educated guess“ genannt wird. Um Ihnen die Chance auf den gleichen Spaß nicht zu nehmen, verzichte ich hier aufs Spoilern. Wie gut Deutschland abschneidet, können Sie hier selbst nachschauen. Verraten sei allerdings so viel: Für einen Spitzenplatz hat es dieses Mal leider nicht ganz gereicht.
Ein Grund dafür, warum die Umsetzung hinter der Absicht zurückbleibt, ist – nicht nur in Deutschland, sondern weltweit – nicht technischer, sondern menschlicher Natur. Es fehlt an Vertrauen. Die Weitergabe von Daten scheitert oft am Widerstand von Bürgern, so die Studie. Sicherheit und Datenschutz von Anfang an zu integrieren und durchgehend sicherzustellen, das ist die Aufgabe, die Behörden erledigen müssen, bevor sie mit Angeboten auf ihre Bürgerinnen und Bürger zugehen, die auf deren Daten basieren.
Nutzen einer gemeinsamen Lösung muss größer sein als die Vorbehalten
Durch meine Tätigkeit bei Gaia-X bin ich mit Vorbehalten dieser Art vertraut – und ich weiß auch, wie man ihnen begegnet: Der Nutzen einer gemeinsamen Lösung muss größer sein als die Bedenken vor einer Zusammenarbeit. Mit dieser Zielsetzung muss jedes kollaborative Datenprojekt beginnen. Alle potenziellen und entscheidenden Partner müssen das den Initiatoren nicht nur abnehmen und vielleicht ein bisschen daran glauben. Sie müssen davon überzeugt sein. Sie müssen die gemeinsame Sache zu ihrem eigenen Anliegen machen, damit der gemeinsame Datenraum funktioniert (wie das auf logistischer und technischer Ebene abläuft, zeigen wir in einer Reihe von Erklärvideos, die Sie hier anschauen können).
Dass das bereits funktioniert und das auch in Deutschland, erkennt die Studie an. So findet Hamburg eine lobende Erwähnung. Die Stadt hat eine Plattform entwickelt, die verschiedene städtische Systeme und Datenbanken verbindet und so für mehr Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger und für mehr Nachhaltigkeit sorgt. Der Titel „Urban Data Platform Hamburg“ mag etwas umständlich klingen, die Begrüßung „Tschüs Datensilo. Moin Transparenz.“ ist hanseatisch sympathisch. Ebenfalls sehr sympathisch der Use Case, Standortdaten von frei und legal zugänglichen Obst- und anderen Nutzbäumen zugänglich zu machen.
So wird aus geteilten Daten – nicht nur in Hamburg – geteilte Ernte.
Bild © Peshkov | iStockphoto.com