Harald A. Summa + Daten und Transparenz

Transparenz als Chance fürs Überleben im digitalen Ökosystem

Die DSGVO, nun auch schon vier Jahre alt, hat die Art, wie wir das Internet nutzen, verändert. Jeder Einzelne, ob er das wollte oder nicht, wurde zum Mitmachen gezwungen. Das Minimum beim Mitmachen besteht seither im Wegklicken von lästigen Pop-ups mit seitenlangen Erklärungen, was wenige Sekunden dauert und ein paar Klicks kostet. Das Maximum lag im Anpassen von Geschäftsmodellen, was erst einmal erhebliche unternehmerische Ressourcen band und durch veränderte Kundenbeziehungen zu Verschiebungen in den Wertschöpfungsketten mit nicht immer eindeutig kalkulierbarem Ausgang führte.

War die Einführung aufwendig, teuer und nicht immer reibungslos, sind wir noch immer nicht an dem Punkt angelangt, an dem wir das Projekt als erfolgreich abgeschlossen betrachten könnten. Wie mein eco Kollege Alexander Rabe schreibt, sind Auslegung und Umsetzung der Verordnung im digitalen Binnenmarkt noch sehr heterogen: 

Stand jetzt variiert dessen Interpretation nicht nur bei einer Vielzahl der EU-Mitgliedsstaaten – selbst innerhalb Deutschlands bestehen Zweifel über die Einheitlichkeit der Sichtweisen der Landesdatenschutzbeauftragten. Das ist für Niemanden ein verlässliches Signal: Diese Unsicherheit, die letztendlich uns alle betrifft – vom Konzern und KMUs bis zum Start-Up, genauso wie Schulen, Verwaltung und letztlich jeden Internetuser – muss die Politik schnellstmöglich beseitigen.“

Unter dem Strich eine Erfolgsgeschichte

Unter dem Strich ist die DSGVO für mich dennoch eine Erfolgsgeschichte. Denn sie ist der Beweis dafür, dass Europa im Internet nicht nur ein relevanter Markt mit zahlungskräftigen Kunden ist, sondern auch gestalterisch ein ernstzunehmender Akteur. Die DSGVO ist im Kern ein Werkzeug, das Transparenz schafft. Diese Transparenz mag einen Grad erreichen, der manche nervt. Aber sie ist auch ein Statement dafür, für welche Werte Europa im Internet einsteht. 

Dem Gefühl, auf Schritt und Klick von Unternehmen überwacht zu werden und nicht als König Kunde hofiert, sondern als Daten lieferndes Melkvieh ausgenutzt zu werden, setzt die DSGVO die durch staatliche Institutionen abgesicherte Möglichkeit der Verweigerung entgegen. Der gefühlte Zwang mitzumachen und sich mit lästigen Pop-ups auseinanderzusetzen, ist in Wirklichkeit die Möglichkeit, nicht mitzumachen. Den gegenüber anmutenden Konzernen vermeintlich hilflosen Individuen steht ein starkes Macht- und Druckmittel zur Verfügung und dessen Aktivierung erfordert nicht mehr, als ein paar Mausklicks. 

Verschiebung der Machtverhältnisse

Diese Verschiebung der Machtverhältnisse zugunsten der Verbraucher muss auch für Unternehmen keine schlechte Nachricht sein: Kunden entscheiden zu lassen, wie mit ihren Daten umzugehen ist, muss nicht zur Verweigerung führen. Gut gemachte und kommunizierte Angebote, die auf einer Auswertung der persönlichen Daten basieren und einen echten Mehrwert bieten, können gerade in besonders umkämpften und serviceorientierten Branchen für entscheidende Wettbewerbsvorteile sorgen. Ich denke da etwa an den Einzelhandel, die Finanzbranche oder auch Mobilität: Alles drei Branchen, in denen Konsumenten wissen, dass ihre Nutzerdaten besonders wertvoll sind und in denen diese Daten zugleich essenziell dafür sind, die fortschrittlichen und zukunftsfähigen Services zu entwickeln, die dieselben Konsumenten wünschen.

Damit wird klar: Der Kundenwunsch nach Datensicherheit und der Kundenwunsch nach gutem Service gehen Hand in Hand. Datenschutz und guter Service am Kunden sind keine Gegenpole, die es mittels Kompromiss zu versöhnen gilt, sondern aufeinander aufbauende und sich gegenseitig stärkende Bausteine. Wer hier überzeugende Lösungen liefert, verwandelt das vermeintlich Lästige in einen für das Überleben im digitalen Ökosystem entscheidenden Vorteil. 

Bild © Peshkov | iStockphoto.com

Harald A. Summa
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